Die Indianer Nordamerikas

 

 

Das Bewußtsein  über die Verbundenheit  mit der Natur  war im Glauben aller Indianervölker Nordamerikas maßgeblich. Der Große Geist ist der Schöpfer des Weltalls und wurde als Vater verehrt. Die Erde wurde als Mutter verehrt, die alles Lebendige auf ihr ernährt. Die Vorstellung, wie sich die Schöpfung vollzogen hat, war bei den Indianervölkern unterschiedlich; jedoch wurde diesen Schöpfungsgeschichten keine zu große Bedeutung beigemessen. Im Vordergrund standen Mensch und Natur. Gemeinsam war auch die Vorstellung, daß alles Lebendige miteinander in Bezug steht und von geistigem Wesen ist.

 

Den  Indianern  galten  die  Tiere  als  heilig,   deshalb  wurde ihnen mit Respekt begegnet. Die Jagd auf Tiere diente nur zum Lebenserhalt. Im Glauben der Indianer nahm der Geist eines Tieres den Tod seines Körpers nicht übel, wenn der Mensch Respekt zeigte, das heißt in Ritualen der gesamten Tierart huldigte und bei der Jagd saubere, scharfe Waffen verwendete sowie den toten Tierkörper geschickt zerteilte und alles von diesem sinnvoll verwertet wurde. Dann war der Tiergeist bereit, seinen Körper im nächsten Leben wieder, günstigsten Falles demselben Jäger, als Jagdbeute zur Verfügung zu stellen. Vor einem respektlosen Jäger hingegen konnte der Tiergeist seine Artgenossen warnen, so daß sie jenen mieden. Der Tiergeist hatte auch die Macht, einen Jäger mit Krankheit zu strafen oder sein Leben zu gefährden. Die Geister von Tieren ließen sich von ehrlichen Menschen als Schutzgeister anwerben und zu Heilungen und Selbstverwandlungen anrufen. Diese Hilfe nutzten vor allem die Schamanen. Bei einigen Indianervölkern gab es Medizinbünde, die gemeinsam Heilungen vornahmen.

    Bei den Huronen, die in den nordöstlichen Waldgebieten lebten, gab es mehrere solcher Bünde, von denen jeder auf die Heilung einer anderen Krankheit spezialisiert war. In den Geheimbünden wurden rituell die Tötung und anschließende Wiedergeburt der Mitglieder dargestellt, um sie mit der Macht des Heilens auszustatten. Ihre eigentliche spirituelle Ausbildung allerdings erhielten die Schamanen während einer Zeit der Einsamkeit in der Natur beim Fasten und dem Erleben von Geistervisionen und Seelenflügen.

 

In  den  Mythen  der  nordamerikanischen Indianer  folgt  auf das irdische Leben ein Dasein in den `Ewigen Jagdgründen´ – dem Jenseits. Dort treffen die Geister der Menschen, die im Leben miteinander verbunden waren, wieder zusammen. Der Aufenthalt dort ist, vielen Überlieferungen zufolge, von begrenzter Dauer; die Geister der Verstorbenen werden in neuen Körpern auf der Erde ihrer Ahnen wiedergeboren. Das gleiche gilt für die Tiere.

    In der Überlieferung der Hopi, Zuni und Tewa, die im Südwesten Nordamerikas lebten, reisen die Toten zu einem Ort – meist ein Dorf unter der Erde oder tief unten im Meer – wo sie sich in Form von Naturerscheinungen, etwa Wolken oder Blitzen, die ihrem Leben entsprechen, aufhalten in Gemeinschaft mit den ihnen im Leben verbundenen Geistern. Die `Kachinas´ – die unsterblichen göttlichen Geister – leisten ihnen Gesellschaft. Manche menschlichen Geister besuchen ein Kachina-Geistertanzhaus oder die `Wenima´ – eine herrliche Landschaft im Jenseits. Der Glaube der Hopi beinhaltet eine Urteilsfällung nach dem Tode. Am Eingang zur Unterwelt im Grand Canyon trifft der Atemkörper des Verstorbenen auf den Wächter Tobonaka. Die guten Geister dürfen weiterziehen ins Totenland, die schlechten Geister müssen einen verzweigten Pfad weiter-gehen, der zu vier Feuergruben führt. Können die Geister in der ersten Grube gereinigt werden, dürfen sie auf den Pfad der Guten zurückkehren. Die unverbesserlich Bösen werden spätestens in der vierten Grube verbrannt.

 

Vielen Jenseitsvorstellungen zufolge  besteht die Möglich-keit für die Seelen, zu irgendeinem günstigen Zeitpunkt auf der Erde wiedergeboren zu werden.

 

Smohalla, der Gründer des  `Dreamer-Kultes´  –  einer India-nerbewegung im 19. Jahrhundert an der Nordwestküste – sagte:

 

Ich will, daß mein Volk mit mir hierbleibt. Alle toten Men-schen werden ins Leben zurückkehren. Ihre Seelen werden wieder in ihren Körpern sein. Wir müssen hier in der Heimat unserer Väter warten, um sie an der Brust der Mutter treffen zu können.