Religionen
Um als Mensch wahrhaft gut zu sein, bedarf es eines natürli-chen vernünftigen Verständnisses von den Lebewesen und der Erde sowie von den Zusammenhängen des Ganzen im kosmischen Sinne.
Religionen sind wie Schablonen, in deren Grenzen die Gläubigen ihre Individualität zum kleinen bis zum großen Teil aufgeben. Sicher ist es gleich, ob ein natürlicher Mensch, der seine eigene Göttlichkeit erkannt hat, Gutes bewirkt oder ein religiöser Mensch, der seine Identität dem Gott, an den er glaubt, abgegeben hat. Die gute Wirkung ist in beiden Fällen erreicht. Bei Religionen besteht aber die Gefahr ihrer Falschauslegung, wodurch ein anderer religiöser Mensch Schlechtes bewirkt, im Irrglauben, Gutes zu leisten. Solche Irrtümer sind beim natürlichen Menschen ausgeschlossen. Zwar gibt es Religionen, in denen die Natürlichkeit zentrale Bedeutung hat, wie der Buddhismus, aber manche Religionen wurden und werden leider falsch ausgelegt. Und eine Religion, die einmal so, einmal anders ausgelegt werden kann, ist mißverständlich; die schlechten Folgen davon sind bekannt.
Warum wird der Glauben an dieWiedergeburt von den Kirchen ignoriert oder abgelehnt?
Die Untersuchung der Geschichte des Christentums hat ergeben, daß die Wiedergeburtsvorstellung ein selbstver-ständlicher und wichtiger Glaubensbestandteil des frühen Christentums war. Die paulinische und spätere katholische Kirche in ihrem Absolutheitsanspruch und Machtstreben zerstörte die christlichen Glaubensgemeinschaften, deren Lehren ihrer von Ethik und Logik weit entfernten Dogmatik nicht entsprachen und vernichtete deren schriftliche Zeugnisse oder versuchte es.
Durch die Vorstellung eines in erster Weisenur strafenden Gottes, der die sündigen Menschen, welche nicht der Kirche huldigen und Tribut zollen, in die Hölle wirft, konnte der Klerus das Volk leichter knechten. Geistige Entwicklung und freie Entfaltung wurden unterdrückt. Wer im Volk, der an die Wiedergeburt geglaubt und das Prinzip von Ursache und Wirkung verstanden hätte, würde beispielsweise von der Kircheeinen Ablaßbrief für seine Sünden gekauft haben? Der Ablaßhandel der Kirche wäre eine Pleite gewesen.
Hätten anstelle des katholischen Klerus die Gnostiker, die Arianer oder die Katharer die Führung im Christentum übernommen, so wäre die christlich beeinflußte Weltge-schichte sicher anders verlaufen. Die Bevölkerungen Europas wären nicht dumm gehalten und unterdrückt worden. Die Wissenschaften wären gefördert worden. Freiheitlich-soziale Staatsformen auf spiritueller Grundlage wären etabliert worden. Es hätte keine Inquisition gegeben, die übrigens auch von der evangelischen Kirche betrieben wurde, keine im Zuge der christlich genannten Kolonialisierung begangenen Völkermorde. Die Christen würden Jesus zum Vorbild nehmen, anstatt einer von absurden Erklärungsmaximen umwobenen entrückten Idealfigur gegenüberzustehen. Das Kreuz wäre als das, was es war – nämlich ein Marter- und Hinrichtungsinstrument – kein christlich-religiöses Symbol. Stattdessen wäre vielleicht die Figur des Fisches – des geheimen christlichen Erkennungszeichens zur Zeit der Christenverfolgung – das Symbol.
Altgriechisch: ΙΧΘΥΣ (I ch th y s) = Fisch
Die Buchstaben dieses Wortes stehen stellvertretend für die Anfangsbuchstaben folgender religiösen Formel:
Ιησους Χριστος Θεου Υιος Σωτηρ
Jesus Christus Gottes Sohn Retter
Es würde keine Prachtkirchenbauten geben, sondern schlichte Versammlungsstätten, wie sie des einfachen Lebensstils Jesu gemäß wären. Und noch viel mehr wäre wohl besser.
Heute allerdings sind die Kirchen darum bemüht, einen guten Einfluß auf die Menschen auszuüben, auch mit dem Ziel des Naturschutzes. Papst Franziskus ist eine Lichtgestalt ähnlich dem Dalai Lama. Ob er an die Reinkarnation glaubt – inoffiziell versteht sich – oder nicht, ist dabei unwesentlich. Er wirkt wahrhaft im Sinne von Jesus Christus und macht dafür seinen Einfluß weltweit geltend. Das ist hoffnungsspendend und motivierend.
Ein Beispiel dafür, wie durchden Glauben an die Wieder-geburt disharmonische Verhältnisse innerhalb einesVolkes geschaffen werden, gibt der Hinduismus. In Indien sind die Klassenunterschiede durch das Kastensystem traditionell begründet. Die im Elend lebenden Menschen sind daran selbst schuld und werden sich selbst überlassen. Barmherzigkeit hat keinen hohen Stellenwert im Glauben. Und Frauen haben überwiegend den Status als Menschen zweiter Klasse. Das ist der traurige Beweis, daß auch eine an sich gute Vorstellung, wie die von der Wiedergeburt, durch Religion in ihr Gegenteil verkehrt werden kann.
Heute ist die indische Regierung wenigstens darum be-müht, bessere Verhältnisse in der Bevölkerung zu schaffen.
Religionen können der Welt nur dann zum Segen gereichen, wenn ihren Anhängern eine Moral innewohnt, die religionenübergeordnet ist, also für alle Glaubensrichtungen gleichermaßen gültig sein kann.
Schon Buddha verlangte von seinen Schülern, seine Lehre nicht anzunehmen, ohne sie einer gewissenhaften Prüfung zu unterziehen. Und Sokrates forderte seine Anhänger auf, keine Lehre anzunehmen, ohne diese ethisch und logisch zu hinterfragen.